Was löst den Biss aus? Die Größe der Fliege, die Farbe, die Lauftiefe, die Geschwindigkeit? ….ist es das Wetter oder doch die Tageszeit?
In Gedanken versunken stehe wieder an der Mörrum, jenem südschwedischen Fluss, in dessen Wasser ich als Kind zum ersten Mal geblickt habe während mir mein Vater vom Fliegenfischen und vom König der Fische, dem Lachs, erzählte. Er tat das in seiner unnachahmlichen Art Geschichten zu erzählen, bei der heute auch meine eigenen Kinder leuchtende Augen bekommen. Die Mörrum war seit diesem Tag für mich und meinen Bruder das Walhalla des Angelns, ein sagenumwobener Ort, ein Ort an dem Legenden geschrieben wurden.
Erst letzten Sommer, mehr als 20 Jahre später, stand ich dort mit meinen eigenen Kindern. Drei Tage lang hatte ich dort eine Angelerlaubnis, und allein schon der Versuch einen Lachs oder eine kapitale Meerforelle zu fangen, machten mich glücklich. Ich fischte sehr ausdauernd, am zweiten Tag ganze 14 Stunden ohne Unterbrechung, aber obwohl genug Fisch im Fluss war und man sie zum Teil springen sah, hatte ich keinen einzigen Biss…
Einer glücklichen Fügung des Schicksals habe ich zu verdanken, dass ich nun, ein Jahr später, wieder an der Mörrum stehe. Nach dem Hitzesommer ist die Wasserführung auf historischem Tiefstand, aber die Temperaturen sind inzwischen wieder kühl, und man sieht die Lachse gelegentlich in Bewegung, es ist Fisch im Fluss!
Mit der 8er Einhandrute lässt sich bei diesen Bedingungen gut werfen, und ich bin ein Jahr erfahrener, ein Jahr geübter und selbstsicherer geworden. Im „Fiskeshopen“ im Laxenshus frage ich einen der Angestellten Dänen, Filippo, welche Fliege er momentan fischen würde. Mit seinem Tipp, einer kleinen schwarzen KHK, ziehe ich los. Und ich bin nicht als einziger am Fluss, an manchen Pools steht alle 30 Meter ein Angler… ich suche das Weite und steuere weniger frequentierte Pools an. Als ich gegen Mittag auf dem Weg zum Auto bin, hat sich der Rutenwald gelichtet. Im Abschnitt Vittskövle Nedre bin ich plötzlich alleine und da ich nun niemanden im Nacken habe, fische ich konzentrierter und komme in einen fast meditativen Rhythmus… Rollwurf-Switchcast-Drift—Rollwurf-Switchcast-Drift…. Und meine Gedanken schweifen ab… hier stand ich letztes Jahr schon, der gleiche Spot, das gleiche Ziel… Letztes Jahr Schneider, dieses Jahr das gleiche? Was löst den Biss aus….?
Ein Ruck geht durch die Schnur, ich setze den Anhieb und als mir bewusst wird, dass dies der langersehnte Moment ist, fliegt mir bereits die Schnur aus der Hand und die Bremse surrt! Was für eine Kraft! Der Fisch ist so schnell, dass die Schnur unter Wasser einen großen Bogen zieht. Der Fisch schraubt sich aus dem Wasser und zum ersten Mal sehe ich die wirklich kapitale Lachsdame, mir stockt der Atem! Hält der Haken, hält die Schnur? Der Fisch macht kehrt und will um ein paar Steine herum… damit er mir die Schnur nicht über die Steine zieht, renne ich durchs flache Wasser hinterher… wie ich es geschafft habe, dabei NICHT zu stürzen ist mir immernoch ein Rätsel.
Der Fisch macht wieder kehrt, will nun ins Tiefere zurück, stromauf. Hier kann ich leichter folgen und es ist mehr Platz um ihn müde zu drillen. Jetzt nur noch einen guten Platz zum Landen finden! Wie so oft im Drill mit großen Fischen falle ich in mein Mantra „Stell dir vor es ist ein Kleiner“… und wiederhole es in meinem Kopf immer und immer wieder um mich zu konzentrieren. Nur keinen Fehler machen! Ich bugsiere den Lachs nach mehreren Fluchten und Sprüngen in eine flache Bucht, packe ihn an der Schwanzwurzel, und es ist geschafft! Das Maßband zeigt 95cm, der Fisch ist makellos und wunderschön proportioniert. Ein paar Fotos mit Selbstauslöser, dann darf dieser herrliche Lachs wieder zurück in den Gumpen.
Und ich gehe mit einem Freudenstrahlen im Gesicht zurück zum Auto, mein Tag ist beendet, ich kann es immer noch nicht fassen! Ein Mörrumlachs! Eine Legende!
Am nächsten Morgen läuft alles etwas entspannter und ich fische zahlreiche Pools die ich bisher noch nicht kenne. Es gibt so viele gute Spots, und überall ist Fisch… am Abend klappt es dann sogar nocheinmal! Dieser Lachs ist ein bisschen kleiner, aber ebenso schön. Habe fertig, bin süchtig, nächstes Jahr komme ich wieder! Was den Biss auslöst weiss ich zwar immer noch nicht, aber Ausdauer hilft!
Tausend Dank an ADH-fishing, dass ich die Mörrum-Saisonkarte nutzen durfte, ohne euch wäre ich wohl nicht so schnell zu einem Lachs gekommen! Danke an Steffen für die vielen Tackle-Tipps, insbesondere auch für die Schnurempfehlungen!