Fischen und Familie lässt sich nicht immer ganz optimal vereinbaren. Aber dieses Jahr ist uns das auf unvergleichlich gute Weise gelungen, und zwar am Lago die Bolsena in der italienischen Provinz Latium, nahe Rom.

Der Lago di Bolsena von Montefiascone aus gesehen.

Der Bolsena-See ist der größte Vulkan-See Europas. Er hat keine nennenswerten Zu- und Abflüsse, ist fast kreisrund, glasklar und mit 151 Metern recht tief. Die Gegend ist seit Jahrtausenden besiedelt, weil die vulkanischen Böden sehr fruchtbar sind. Olivenhaine, Feigenbäume, Wein… in Mittelitalien lässt es sich leben. Etrusker und Römer haben das schon vor dreitausend Jahren erkannt und hier vielerorts ihre Spuren hinterlassen. Und auch in den mittelalterlichen Städten wie Bolsena, Orvieto oder Tarquinia wird man von Geschichte fast erschlagen. Deshalb wollte ich dort auch schon immer einmal hin! Und natürlich auch ein wenig fischen….

 

Lago di Bolsena

Dieser Fisch, der mir beim Schnorcheln begegnete, war sicher auch kein Kleiner!

Der See selbst hat einen guten Fischbestand. Vor etwa hundert Jahren wurde aus Amerika der Schwarzbarsch eingeführt, oder genauer gesagt der Forellenbarsch (Micropterus salmoides). In Amerika ist er der „Sportfisch“ Nummer Eins, es gibt zahlreiche Wettbewerbe, spezialisierte Angelshops und einen regelrechten Hype um diesen Fisch herum. Er wird dort auch als „Largemouth-Bass“ bezeichnet, was sich selbst erklärt wenn man ihn mal gesehen hat, das Maul ist wirklich riesig! Oder einfach nur als „Bass“. Mit diesem Namen wird er auch von den meisten Anglern in Europa bezeichnet.

Am Bolsenasee hat er sich sehr gut etablieren können und wird dort auch intensiv von den Berufsfischern genutzt. Im Internet gibt es wie so häufig bei italienischen Gewässern, nur wenig Informationen, insbesondere nicht wenn man nur rudimentär Italienisch spricht. Aber dass der Bolsena-See eines der besten Schwarzbarsch-Gewässer Europas ist, konnte man aus den Einträgen durchaus ableiten! Ein paar Videos auf Youtube, ein paar Forenbeiträge… ich saugte an Infos auf, was ich kriegen konnte.

Immerhin, die Sache mit der Angellizenz war recht einfach, dazu brauchte es nur eine Überweisung an die örtliche Verwaltungsbehörde. Die Überweisungsbestätigung war dann gleichzeitig die Angellizenz.

Schwarzbarsch mit der Fliege

Das Fischen mit der Fliege an einem großen Gewässer kann frustrierend sein, weil große Wurfweiten, die mit der Fliegenrute einfach nicht möglich sind, dort in der Regel vorteilhaft wären. Und auf Schwarzbarsch hatte ich auch schlichtweg noch wenig gefischt, wie diese Fische „ticken“, dazu fehlte mir schlichtweg die Erfahrung. Dass „Bass-Angler“ aber etwas anders ticken als Forellenangler, wird sofort klar wenn man sich im Internet umschaut, da geht es eigentlich immer um Wettkampf… vom Style her kann man Bass-Angler grob beschreiben als „Formel-1 trifft Gangsta-Rap“, das kommt einem als Fliegenfischer schon ein wenig ulkig vor. Aber wie heisst es doch so schön: Wer fängt, hat Recht 🙂 Und sicher geht’s den Bass-Spezis genauso, wenn sie die Kollegen mit den karierten Hemden beim Fischen sehen…

An den Abenden vor der Abreise saß ich noch am Bindestock. Zahlreiche kleine und mittelgroße Streamer in verschiedenen Farben, aber auch ein paar Popper mussten mit. Und im Angelladen besorgte ich noch eine Sinkschnur, falls es auf eine Boots-Angelei rauslaufen würde – ich wollte für alle Fälle gerüstet sein. Meine Orvis Recon #8 schien mir die ideale Rute aus meinem Arsenal, mit ihr kann man selbst große Streamer werfen, aber notfalls auch einmal mit der Trockenfliege wedeln. Eine 6er besitze ich leider aktuell nicht, sonst hätte ich die als Backup auch noch eingepackt.

Glücklicherweise ist das Ufer am Bolsena-See auf großen Strecken frei zugänglich, weil man dort rechtzeitig entsprechende behördliche Auflagen gemacht hat – anders als hier in der Heimat, wo man z.B. am Bodensee fast nicht ans Ufer kommt. Ich hoffte, dass sich in Wurfweite, im flachen Wasser ein paar Fische herumtreiben würden…

Erste Erfolge

Und so ging es dann ab in den Urlaub…. wir machten tagsüber viele Besichtigungstouren, badeten, genossen das leckere italienische Eis… aber zwischendrin, und auch am Morgen und Abend, war immer wieder etwas Zeit, um ans Wasser zu gehen. Lustig war das Ganze in Hinblick darauf, dass ich erst vor wenigen Wochen in Grönland zwischen Eisbergen gestanden hatte – hier stand ich nun mit Boardshorts und Flipflops im warmen, hüfthohen Wasser…

Kleinere Schwarzbarsche waren immer wieder zu sehen. Sie schwammen sogar teilweise sehr neugierig auf mich zu, und folgten meinem Streamer bis vor die Füße. Aber wie bei Flussbarschen auch, war das noch keine Garantie, dass sie auch beissen… im Gegenteil! Ich mühte mich anfangs ziemlich ab, versuchte es mit langsamen und schnellen Strips, kleinen und großen Streamern in allen Farben… aber so richtig wollte es nicht klappen. Um die Mittagszeit begann es an der Oberfläche häufig etwas unruhiger zu werden – die Fische schnappten nach Libellen, die übers Wasser flogen und an den Binsengräsern im flachen Wasser Rast machten.

Ich hatte zwar kein Libellen-Muster dabei, aber eine große Schaumstoff-Steinfliege. Ich knüpfte sie ans Vorfach und sobald ich sie zwischen den Binsen aufs Wasser setzte, verschwand sie in einem Strudel. DAS WAR DIE LÖSUNG! Fast jeder Wuf provozierte eine Reaktion. Es waren vorwiegend kleinere Schwarzbarsche, und nicht jeder kriegte die große Fliege ins Maul, aber es war ein riesen Spaß die Fische so zum Anbiss zu reizen.

Da ich zwischen den etwas besseren Barschen (um die 30cm) immer viele kleinere (um 20cm) am Haken hatte, hoffte ich, mit einem größeren Köder ein wenig selektiver fischen zu können. Ich band einen Wiggle Minnow ans Vorfach, der ebenfalls aus Schaumstoff ist, und auf Zug taumelt und leicht untertaucht. Auch dieser wurde attackiert und tatsächlich konnte ich die Fischgröße im Durchschnitt etwas steigern.

Der große Knall

Beim Waten sah ich dann eines mittags einen größeren Fisch. Wie groß konnte ich nicht sagen, die Sonne stand im Zenith, das Wasser spiegelte trotz Polbrille ganz ordentlich, und meine Brille war von Sonnencreme und Schweiss ohnehin nicht mehr ganz klar. Ich sah ihn nur gemütlich von mir wegschwimmen… Ich fischte den Spot fächerförmig ab, aber auf den Wiggle Minnow reagierte er nicht. Wo war er hin? War der Fisch überhaupt noch in Reichweite? Vielleicht kommen die großen Fische nicht so gerne an die Oberfläche?, dachte ich und knüpfte einen etwas größeren, normalen Streamer mit Krautschutz an. Nichts passierte. Ein kleiner Streamer brachte auch keinen Erfolg…. so probierte ich einiges durch, und landete bei einem der Popper, die ich noch vor dem Urlaub gebunden hatte. War der nicht zu groß für einen Schwarzbarsch? …….nun, bereits der zweite Wurf pulverisierte meine Vorbehalte… gerade als der Popper an die Binsen stieß, kam ein großer Schwall, ein instinktiver Anhieb, und ab ging die Post! Was für ein unglaublicher Fisch!!!!! Ich traute meinen Augen kaum, schickte Stroßgebete an alle die sie hören mochten… und tatsächlich klappte es nach einigen Fluchten, den Fisch in den Kescher zu lotsen, begleitet von einem Schrei der Erleichterung.

Es ist gut möglich, dass das der größte Bass ist, den ich in meinem Leben je fangen werde, weshalb ich auch das Maßband auspackte. Gut 52 Zentimeter und mehr als 2 Kilogramm, was für ein Brocken! Und dann noch vom Ufer, auf einen selbstgebundenen Popper an der Fliegenrute! Das ist der Himmel!

 

 

An den restlichen Tagen fischte ich nur noch mit diesem relativ großen Popper, und wurde nicht enttäuscht. Natürlich ließ sich kein weiterer so großer Fisch mehr überlisten, aber Fische ü40 gab es noch. Inzwischen muss ich zugeben, dass ich verstehe warum die Amerikaner diesen Fisch so lieben. Das Angeln auf diese neugierigen, aber vorsichtigen Burschen mit Oberflächenködern ist unheimlich kurzweilig, das hat wirklich Suchtpotential 😉 Auch die Kinder hatten ihren Spaß mit den Barschen. Mit der Spinnrute gelang es ihnen, ebenfalls den einen oder anderen Fisch zu fangen.

Und nicht nur das Angeln, auch alles andere in diesem Urlaub war wirklich herrlich, hier ein paar weitere Impressionen von unseren Erlebnissen und Fischen. Vielleicht sucht ja jemand von euch noch nach einer Anregung für ein Urlaubsziel?: