Am Samstag hatte ich Geburtstag – ob es ein Omen war, dass auf der Geburtstagskarte meiner Frau „toller Hecht“ draufstand?
Einen ganzen Tag fischen, ohne Stress, ohne den Druck schon bald wieder nach Hause zu müssen… ohne Arbeit im Nacken, ohne die Kinder vom Sport zu holen… solche Tage gibt es inzwischen nicht mehr allzu oft. Deshalb fiebere ich meinem Geburtstag inzwischen wieder so freudig entgegen, wie zuletzt als Kind. Und dass dann noch mein Bruder zum Fischen mitkam, machte die Sache umso schöner.
Das Wasser war glasklar, was das Fischen unglaublich spannend machte. Immer wieder sahen wir den einen oder anderen Hecht, aber die Hechte sahen früher oder später auch uns, es war ein stetes Katz-und-Maus-Spiel: Pirschen, Herzrasen, Werfen, Angriff, Abdrehen, Augenrollen, Fluchen… Einmal schaute ich meinem Bruder zu, wie er sich mit einem guten Hecht duellierte, der Fisch zum Teil bis zwei Meter vor seine Füße kam, um dann irgendwann in der Strömung zu verschwinden – an Spannung kaum zu überbieten!
Im Laufe des Nachmittags – noch immer ohne Biss – zeichnete sich dann langsam ab, das auch der schönste Tag irgendwann zu Ende gehen könnte, das Tageslicht wurde langsam schwächer. Mein Bruder beschloss, nochmals stromab den Hecht von vorher zu suchen, ich wollte „nur noch kurz eine Ecke weiter schauen“.
Was ich die folgenden einenhalb Stunden erlebte, werde ich so schnell nicht vergessen. Um es kurz zu machen, ich war bereits nervlich völlig zerstört als ich mich in Richtung der Stelle aufmachte, an der ich meinen Bruder vermutete. Ich lief am Wasser entlang und sah einen großen Stein in der Strömung, und dachte noch, dass das ein guter Standplatz für einen Hecht wäre… und fiel fast rückwärts, als ich tatsächlich einen dunklen Schatten hinter dem Stein stehen sah!
„Von wo aus werfe ich den an?„, ich zog mich ein paar Meter zurück, um es von schräg stromauf zu versuchen, und den Streamer zwischen Ufer und Hecht hindurchzuziehen. Und der Hecht folgte tatsächlich! Wieder ein Abdrehen, Umkreisen, langsames Folgen… um dann in der Tiefe zu verschwinden. Noch ein Wurf, diesmal rechtwinklig zum Ufer, möglichst weit hinaus… laaaangsam reinzupfend. Der Hecht folgte erneut, und plötzlich tauchte ein weiterer Hecht auf, kaum kleiner als der erste, ich glaube ich vergaß das Atmen! Beide Hechte folgten Kopf an Kopf dem Streamer. Ich verlangsamte weiter, war bereits im Flachwasser angekommen. Laaangsam schleifte ich den Streamer über Grund, mein Herz raste…. und plötzlich war der Streamer weg! Einfach binnen Bruchteilen einer Sekunde im Maul des einen Hechts verschwunden! Beim Anschlag fühlte es sich an, als hätte ich einen Baum gehakt, kein Millimeter des Nachgebens! Fast wäre mir von diesem abrupten Stopp die Schnur aus der Hand gerutscht! Eine gewaltige Explosion im Flachwasser folgte, aber der Haken hing gut. Ich sprang die Böschung hinab, und ließ den Hecht nicht weit gehen: Im flachen Wasser konnte er seine volle Kraft nicht entfalten, und sich auch die Strömung nicht zunutze machen. So hatte ich ihn dann auch eine Minute später bereits im Kescher!
Mit zitternden Händen kramte ich mein Handy aus der Jacke und rief meinen Bruder an. Schon kurz darauf stand er neben mir, um mit mir gemeinsam den Kopf zu schütteln:
Im Kescher lag ein Hecht mit 113cm und gut über 10kg! Welch ein Geburtstagsgeschenk, welch ein „toller Hecht“!