Der Thunersee ist eines der wenigen Stillgewässer, die einen nennenswerten Maifliegenschlupf verzeichnen können. Seit Jahren lese ich davon, und seit Jahren juckt es mich, einmal einen Versuch mit der Trockenfliege auf die Königin der Alpen zu starten – die Seeforelle.

Ein Maifliegenschlupf wie er schöner nicht sein könnte!

Es war klar es würde zäh werden, und die Aussichten auf einen Fisch sind nahe null. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Im Prinzip müssen VIER Dinge zusammenkommen um eine Seeforelle zu fangen:

  1. Das Timing: Wann genau die Maifliegen schlüpfen ist nicht so leicht vorherzusehen. Oft beginnt es Mitte April, aber das hängt viel vom Wetter ab. Ansonsten braucht es dazu etwas Glück und Gespür…
  2. Die richtige Platzwahl: Ob man beim Maifliegenschlupf auch am richtigen Spot ist, hat viel mit Gewässerkenntnis zu tun. Selbst 50 Meter hin oder her können den Unterschied machen und der Schlupf dauert oft nicht mehr als eine halbe Stunde! Und das bei einem See mit 43 Kilometern Uferlänge!!!
  3. Die Seeforellen müssen die Maifliege als Nahrung erkennen und danach steigen, was noch lange nicht gesagt ist, selbst wenn die Maifliegen schlüpfen. Und vor allem müssen die Fische dann in Reichweite der Fliegenrute steigen…
  4. Und dann muss die Seeforelle zuguterletzt auch noch das Muster annehmen, das ihr gerade serviert wird. Ob das dann eine Emerger, eine Dun oder Spent ist… weiß der Teufel!

Samstag wollte ich nun also gemeinsam mit meinen Freunden Andreas und Pietro einen Versuch wagen! Da es schwer war einen gemeinsamen Termin zu finden, setzten wir alles auf eine Karte, Samstag oder Garnicht! Das Wetter war herrlich, der Wind der uns am Anfang noch Mühe machte, ließ bald nach. Und tatsächlich sahen wir einen Maifliegenschlupf, wie ich ihn noch nicht erlebt habe! Ein Teppich von Maifliegen, und das sogar mehrfach über den Tag!

Darüber, dass eine Fliege auf einem landet, freut sich wohl auch nur ein Fliegenfischer

Ich gab alles, fischte ausdauernd alles ab… aber Forellen ließen sich nicht blicken. Vom Stehen im kalten Wasser fror ich, meine Hände waren langsam steif, ich produzierte immer mehr Wurffehler… und als ich dann zu allem Überdruss noch eine Maifliege beim Rückwurf im Baum platziert hatte, klingelte mein Telefon. Es war Andreas:

„Hannes komm schnell her, sie steigen!!!!!!!!!“

Doch zunächst musse ich neu montieren… mit eiskalten Fingern und Gehirnfrost. Und Nervosität und Adrenalin.

Endlich war der Moment gekommen! Ich eilte zu Andreas und sah schon wie in seiner Nähe zwei Seeforellen ihre Buckel aus dem Wasser schoben. Ich warf sie an, doch WAS WAR DAS? Der Wurf „verhungerte“…. nochmal…

WAS WAR LOS? Wieso fliegt die Schnur so komisch?

Ich sah, dass sich beim Montieren wohl die Schnur um die Rute gelegt hatte.. ausgerechnet jetzt! Also nochmal neu montieren… Bei Kälte funktionieren Hirn und Motorik bei mir einfach nicht mehr so wie sie sollten…

Und dann konnte ich endlich die ersten Ringe anwerfen. Doch selbst wenn man die Punkte 1-3 von der Liste oben erfüllt hat, ist noch lange nichts gewonnen. Die Seeforellen pfückten eine Maifliege nach der anderen von der Oberfläche, aber meine künstliche Fliege ignorierten sie… und das blieb auch den Rest des Abends so, trotz guter Aktivität in Reichweite. Langweilig wurde es nicht! Eine schöne Seeforelle mit sicher ü50cm sahen wir außer Reichweite draußen springen, ein herrlicher Fisch.

Am Ende hatte ich 12 Stunden aktiv durchgefischt, einer der längsten Angeltage meines Lebens, und einer der schönsten. Selbst ohne Fisch!