Gute zehn Tage ist die Maifliegenzeit bei uns nun schon so richtig im Gange, erfahrungsgemäß ist das etwa die Hälfte der Maifliegenzeit, die bei uns im Vergleich mit anderen Gegenden immer erst recht spät einsetzt. Zeit, ein kurzes Zwischenfazit zu ziehen!
Groß und Klein
Wie immer während der Maifliegenzeit sind die Fische gut genährt und sehr kräftig, und so sind auch die kleineren Fische an der 5er Fliegenrute bemerkenswerte Kämpfer. Nach Möglichkeit versuche ich jedoch gar nicht erst kleine Fische anzuwerfen. Größere Fische, ab 40cm aufwärts, erkennt man oft daran, dass sie die Fliegen sehr sachte und mit Präzision von der Oberfläche pflücken, kein Platscher, kein Sprung und schon gar kein Klatschen mit der Schwanzflosse. Ein geräuschloser Wirbel auf der Oberfläche ist oft ein gutes Indiz.
Dabei bin ich sehr erstaunt, wie viele wunderschöne Fische zwischen 45 und 50cm mir dieses Jahr begegneten. Ich habe den Eindruck, dass die Bestände von Jahr zu Jahr besser werden… Viele davon fanden dann auch wieder den Weg zurück ins kalte Nass. Ich hoffe wir sehen uns wieder!
Ein Traum von Forelle
Das bisherige Highlight an diesem kleinen Bach war eine Bachforelle von 55cm, die mir mehrere schlaflose Nächte bereitete weil ich sie nicht gleich auf Anhieb überlisten konnte:
Im relativ eingetrübten Wasser von den Gewitterregen der letzten Zeit hatte ich diese große Forelle stehen sehen, wie sie Emerger beim Aufsteigen einsammelte. Ich präsentierte ihr alle meine Varianten von Maifliegen, doch erst als ich einen Emerger etwas rupfte um ihn noch tiefer im Wasser anzubieten, sah ich wie sich das weiße Maul öffnete und wieder schloss… ich hob die Rute, ein kurzer Widerstand, und weg war sie! NEEEEEIIIN!
Die zwei Tage danach suchte ich die Forelle vergebens, ich träumte von ihr, spekulierte in Gedanken über ihre Größe und spürte schon eine gewisse Verzweiflung in mir aufsteigen…
Erst am dritten Tag war sie abends wieder unweit der Stelle wo ich sie zuerst entdeckt hatte. Inzwischen war sie auf Duns umgestiegen, die sie aktiv einsammelte. Die ersten Würfe lockten sie zwar kurz Richtung Oberfläche, sie drehte aber kurz vor der Fliege wieder ab, und nahm eine echte Maifliege nebendran. Dumm war sie nicht, denn solche Gardemaße bekommt eine Forelle nicht durch Leichtsinn! Ich setzte nochmals ab, beobachtete den Fisch, versuchte sein Timing zu erfassen, und legte dann einen Bogenwurf auf dem Wasser ab. Diesmal passte es: sie saugte meine Maifliege von der Oberfläche!
Dieses langsame und vorsichtige Heranschweben einer Forelle, die dann mit der Spitze des Mauls leicht das Wasser durchbricht um eine selbstgebundene Fliege zu pflücken, ist wirklich einer der schönsten Momente, die man beim Angeln erleben kann! Und diesen Moment durfte ich diese Saison bereits viele Male erleben… neben dieser 55er, die sicher das bisherige Highlight war, punkteten auch kleinere Fische mit bemerkenswert schöner Zeichnung. Es waren Fische mit vielen dunklen, leopardenartigen Punkten dabei, und fast blanke Fische ohne Punkte. Manche mit orangen Flanken, andere golden oder in einem dunklen Bronzeton. Eine jede von ihnen eine Schönheit, egal wie groß oder klein.
Reich gedeckter Tisch macht wählerisch
Die Forellen haben inzwischen ihren ersten Appetit gestillt, und so sind sie abends nun schon etwas wählerischer geworden. Neben den vielen aufsteigenden, frisch geschlüpften Maifliegen ist nun bereits der Himmel voller Spinner, die dann am Abend tot auf dem Wasser treiben („Spents“) und gewissermaßen den „Nachtisch“ für die Fische bilden… einfacher kann eine Forelle kaum satt werden als diese treibenden Proteinhappen einzusammeln.
Auch kleinere Eintagsfliegen, zahlreiche verschiedene Käfer, viele Köcherfliegenarten usw. sind unterwegs, und so manche Forelle hat sich bereits eine Lieblingsspeise auserkoren, die nicht immer auf den ersten Anlauf gefunden ist. Aber gerade diese Herausforderung macht Fliegenfischen wohl so spannend!