Nachdem ich diesen Watschuh nun bereits seit zwei Jahren in Gebrauch habe, ist es Zeit für ein Review. Aber ich will ganz von vorne anfangen, nämlich mit der Frage, was ich von einem Watschuh erwarte und wie ich überhaupt zu diesem Schuh kam. Denn jeder setzt etwas unterschiedliche Prioritäten, und hat andere Anforderungen an den Schuh.

Auswahlkriterien und Vorgeschichte

Wenn man wie ich bei Straßenschuhen Schuhgröße 48 trägt, ist die Auswahl schon von vorneherein sehr eingeschränkt. Meine ersten Watschuhe waren von Guideline, und danach hatte ich mehrere Paare Simms Freestone Watschuhe. Mit etwa 200€ Kaufpreis waren diese im unteren Preissegment für Watschuhe, aber mehr war ich damals nicht bereit auszugeben. Die Schuhe waren alle okay, aber so ganz glücklich war ich nicht:

Ich befische im Jahresverlauf eine recht große Vielfalt von Gewässern, das Entdecken ist Teil der Freude am Fliegenfischen, und zum Entdecken gehört dazu, dass man relativ viel läuft. Das artet zuweilen sogar in einer ziemlichen Kletterei aus, bei der das Material sehr leidet, und für das es wahrscheinlich nicht konzipiert wurde. Alle meine Watschuhe hatten bis dato eine Lebenszeit von gut zwei Jahren, dann brach das spröde gewordene Obermaterial, das Neopren war durchgescheuert, die Sohle löste sich ab und die Ösen brachen aus.

Schöne Fische stehen oft an schwer zugänglichen Stellen. Trittsicherheit ist da unbedingt erforderlich!

Beim Simms Freestone war das Obermaterial nach einiger Zeit so steif, dass der Schuh auch richtig unbequem wurde. Und es ist wirklich ein Jammer, wenn der Schmerz in den Füßen irgendwann die Freude am Fischen verdrängt.

Als dann zuletzt jegliches Flicken und Kleben der Schuhe nichts mehr half, ging ich wieder auf die Suche und war auch bereit, nun etwas tiefer in die Tasche zu greifen, wenn der Schuh dafür länger hielt. Der Patagonia/Danner Foot Tractor gefiel mir vom Konzept her sehr gut, denn auch das Thema Nachhaltigkeit spielt bei meinen Entscheidungen eine immer größere Rolle, und dass man den Patagonia wiederholt reparieren kann, gefiel mir sehr gut. Für Handwerk habe ich ohnehin ein großes Faible, und dieser Schuh sieht auch noch gut aus. Aber der Preis war schon knackig, sodass ich mich zu einer schnellen Entscheidung nicht durchringen konnte, ich wollte mich noch nach Alternativen umschauen.

Handgemachte Schuhe aus Italien

Auf der Suche nach weiteren Alternativen stieß ich dann auf die Firma Andrew, deren Watschuhe über 1000fliegen.de vertrieben werden. Ich fand die Schuhe erst einmal nicht sonderlich schön, aber der Preis war für einen handgemachten Schuh wirklich eine Ansage! Knapp 300€ für einen Schuh aus Italien, in Handarbeit hergestellt, und jederzeit zu reparieren. War das wirklich möglich? Es gibt im Netz sogar ein Video dazu, und das sah nach einer absolut soliden, europäischen Fertigung aus, das überzeugte mich! Nach einigem hin- und herüberlegen bestellte ich mir den „CREEK“, der von der Beschreibung her zu meiner Art der Fischerei passte.

Andrew CREEK DARK (es gibt auch eine orangerote Version). Quelle: 1000fliegen.de

Als ich das Paket öffnete, war ich von der Qualität der Verarbeitung erstmal begeistert! Allerdings wirkt er erstmal recht klobig und steif. Ich war ein wenig skeptisch… was aber beim ersten Einsatz am Wasser schlagartig ausgeräumt wurde!

Praxistest

Nun habe ich den Schuh seit zwei Jahren in einer unglaublichen Vielfalt von Gewässern testen können. Und dieser Schuh fühlt sich absolut nicht schwer oder klobig an, im Gegenteil! Er ist leicht am Fuss und man fühlt sich auch nach vielen Stunden des Angelns noch nicht laufmüde. Ich hatte ihn an der Mörrum in Schweden im Einsatz, an der Soca in Slowenien und an den Bächen und Flüssen und Seen meiner Heimat in Süddeutschland. Ich trug den Schuh in der Mittagshitze und im Schneesturm im Winter. Ich bin mit diesem Schuh die Bergbäche in der Schweiz hinaufgekraxelt und im Schwarzwald in die Hänge der Wutachschlucht gestiegen. Der Schuh hat mich nie im Stich gelassen! Auch Autofahren ist überhaupt kein Problem mit diesem Schuh, man hat genug Gefühl im Fuss.

Hier ein paar aktuelle Fotos der Schuhe (nach zwei Jahren intensivem Gebrauch):

Die kleinen, unscheinbaren Spikes sind so genial gewählt, dass sie beim Laufen auf Asphalt nicht stören, aber auf glitschigen Steinen im Bergbach hervorragend greifen.

Die Vibram-Sohle ist recht fest, sodass ihr auch zwei Jahre intensiver Gebrauch noch nicht allzu sehr zugesetzt haben. An der Ferse ist sie langsam soweit abgelaufen, dass ich demnächst in die Zwischensohle hineinkomme, aber das stört überhaupt nicht. Die Spikes sind noch alle intakt.

Die Schlaufen für die Schnürsenkel sind teilweise kugelgelagert und aus Metall, keine einzige ist bisher ausgebrochen oder aufgebogen.

Das Obermaterial hat noch keinen Riss und Schnitt, obwohl ich durch Halden scharfen Gesteins gestiegen bin. Den Schriftzug „Andrews“ kann man inzwischen nicht mehr lesen, aber das ist schon das meiste an Gebrauchsspuren auf der Oberseite.

Nur die Schnürsenkel habe ich kürzlich einmal ausgetauscht, weil sie auf einer Seite gerissen waren.

Eine klitzekleine Sache gibt es, bei der dieser Watschuh evtl. einen Ticken schlechter abschneidet als seine „Vorgänger“: ich habe den Eindruck, dass er etwas langsamer trocknet als die Schuhe von Simms und Guideline die ich bis dato in Verwendung hatte. Ich habe mir aber nie die Mühe gemacht es im Vergleich zu testen, es ist lediglich mein Eindruck und stört mich auch nicht.

Reparatur und Service

Nun steht bei mir demnächst eine große Reise an, auf die ich die Watschuhe mitnehmen möchte. Und weil ich für die Reise optimal gerüstet sein wollte, schrieb ich vor einigen Wochen eine Mail an 1000fliegen, mit der Frage ob diese Schuhe neu besohlt werden könnten, und wie der Ablauf sei? Ich bekam sofort eine sehr freundliche Mail zurück, dass sie das gerne machen würden, und ich 3-4 Wochen rechnen sollte bis die Schuhe wieder bei mir seien. Die Kosten beliefen sich auf 80-100 Euro, je nach Aufwand und Materialverbrauch. Es würde dabei alles wiederverwendet, was möglich sei, insbesondere bei den Spikes. Das war nun deutlich weniger als ein paar neue Schuhe, die ich bei den anderen Modellen nach zwei Jahren gebraucht hatte, und so schickte ich die Schuhe nach Südtirol.

Schon bald kam eine weitere Mail, dass die Schuhe eingetroffen waren. Die Mitarbeiterin schrieb mir sehr freundlich, dass Sie es nach Rücksprache mit dem Schuhmacher sehr schade fänden, die Schuhe in diesem Zustand bereits neu zu besohlen, weil sie noch wenig abgenutzt seien. Und ob ich sie nicht doch noch eine Weile fischen wollte bevor sie neu besohlt würden?

Ich war baff! Da hätten sie mit mir locker Geld verdienen können, aber empfahlen mir, die Schuhe noch nicht neu zu besohlen! Das war nicht nur absolut fair, sondern auch sehr nachhaltig! Was für eine fantastische Firma!

Fazit

Alles in allem eine unbedingte Empfehlung von mir! Der Schuh ist bequem, vielseitig und von hervorragender Qualität. Die Fertigung in Europa und der Service sind das i-Tüpfelchen. Bei diesem Preis eigentlich unglaublich!