Vorbereitungen

Es sollte ein erster Angeltrip an (sub)tropische Küsten werden, mit kampfstarken Fischen, warmem Wetter und türkisblauem Wasser… mein Bruder Marco und ich freuten uns schon seit Wochen auf diese Reise in den Oman, genauer gesagt in die Provinz Dhofar. Irgendwie hatte diese Reise auch etwas von einer Rückkehr, denn an der arabischen Küste hatten wir als Kinder das Angeln gelernt, hier hatte alles angefangen, vor ziemlich genau 30 Jahren…

Der erste Hornhecht machte schon Spaß an der 8er Fliegenrute.
Erste Erkundungstour.

Wo waren die guten Spots? Was waren die richtigen Köder? Welche Tageszeit war die beste, und wo musste man bei welchem Gezeitenstand hin?

Die Antworten hätte uns ein Guide vor Ort wahrscheinlich schnell liefern können, aber wollten wir das? Nein! Für uns gehörte das Erkunden zum Abenteuer… ausschließlich vom Ufer wollten wir fischen, uns die Fische selbst erarbeiten, auch wenn es mühsam sein würde.

Neben kleinen Baitfish-Streamern war die Velcro-Crab super erfolgreich!

Die letzten Wochen vor dem Abflug gab es abends fast nichts anderes mehr: Streamer, Popper und Krabbenmuster binden, auf Youtube alle möglichen Infos einsaugen, Satellitenbilder und Reiseberichte studieren… Vorfreude ist die schönste Freude!

Während ich mich so für mein erstes richtiges Salzwasser-Flyfishing-Abenteuer vorbereitete, spulte mein Bruder dicke Geflochtene auf seine Saltiga-Rollen, sortierte die Wobbler in Kisten, übte die notwendigen Knoten für die schwere Salzwasser-Spinnfischerei usw.

Anglerträume

Mein großer Wunsch war, meinen ersten Permit zu fangen, von denen es im Oman sogar zwei verschiedene Arten gibt.

Unter Fliegenfischern ist der Permit (ein Mitglied der großen Familie der Stachelmakrelen) ein begehrtes Ziel, wahrscheinlich weil er die schönen Seiten der Süßwasser- und Salzwasserangelei vereint: Anders als bei anderen Salzwasser-Räubern geht es hier nicht um ein möglichst schnelles Einstrippen der Leine, gefragt sind ein gutes Auge für den Fisch, eine genaue Präsentation, und das Gespür für den Anhieb zum richtigen Zeitpunkt, also Tugenden die man z.B. eher mit dem Äschenfischen verbindet. Wenn das gelingt, verlangt einem der kampfstarke Permit im Drill aber einiges mehr ab als jeder seiner flossentragenden Freunde im Süßwasser!

Grundsätzlich freute ich mich aber darauf überhaupt einmal mit der Fliegenrute im Salzwasser zu angeln, das war für mich Premiere! Mein Bruder wollte seine Rollen einmal kreischen hören, den Kampf mit einem der vielen legendären Salzwasserräuber aufnehmen, egal ob Barrakuda, irgendeinem Trevally oder Tuna.

Naherkundung

Nach einer langen Anreise über München und Doha kamen wir dann im Morgengrauen endlich an unserem Hotel in Mirbat an, einem großen All-Inklusive-Tempel… wir wollten uns aufs Angeln konzentrieren können, ohne Kochen oder Einkaufen zu müssen. Als wir kurz darauf mit voller Bewaffnung – jeder zwei Ruten, Rucksack mit Ködern usw. am Ufer entlang die erste Tour starteten hatten wir inzwischen mehr als 24 Stunden nicht geschlafen… aber das Meer rief, da gabs keine Ausreden!

Traumhafte Küstenabschnitte bei Mirbat.

Und das Ufer in Hotelnähe war sooo schlecht nicht, auch wenn permanent Fischerboote unterwegs waren, überall Netze und Reusen lagen. Wir sahen viele wunderschöne Adlerrochen, die sich teilweise einen Meter hoch aus dem Wasser katapultierten, aus Lebensfreude? Schildkröten gab es in allen Größen und natürlich fingen wir auch Fische:

Ein mittelgroßer Drückerfisch konnte schonmal in die Bremse gehen.

Drückerfische gab es in Massen und sie waren immer neugierig und folgten jedem Köder den man ins Wasser feuerte. Und der Biss eines Drückers macht schon Eindruck! Ganz schön rabiat diese kleinen Burschen, mit Süßwasserfischen gleicher Größe absolut KEIN Vergleich. Nach der anfänglichen Freude gingen sie uns aber schon bald auf die Nerven, wir wollten ja eigentlich noch etwas anderes fangen.

Hornhechte waren da schon eine andere Hausnummer: Man sah sie an der Oberfläche rauben, teils kapitale Exemplare bis einen Meter Länge, die wie Pfeile in die Kleinfischschwärme schossen oder kleinen fliegenden Fischen meterweit hinterhersprangen. Warf man seinen Streamer in ihre Nähe, gab es fast Augenblicklich einen Einschlag, aber mit ihren harten Schnäbeln hingen sie selten am Haken. Einen mittelgroßen Hornhecht konnte ich dennoch überlisten.

Am Abend fielen wir erschöpft in unsere Betten… nach 36 Stunden ohne Schlaf und sicher knapp 10 Kilometern Pirsch am Meer entlang waren wir ziemlich geplättet.

Wer denkt, so ein Angelurlaub wäre erholsam, der täuscht sich gewaltig: Am nächsten Morgen ging es eine Stunde vor Sonnenaufgang raus, wieder zu Fuss an der Küste entlang… an diesem Tag warteten ca. 16 Kilometer auf uns… wir entdeckten wirklich wunderschöne Buchten, mit traumhaft weissem Sand und herrlichem Wasser, aber mussten leider feststellen, dass ohne den „Schutz“ der Hotelnähe das Meer ziemlich geplündert war. Kaum ein nennenswerter Fisch ließ sich blicken, nur die Hornhechte boten etwas Spannung.

Einsame Buchten

Auf den Satellitenbildern hatten wir im Vorfeld noch ein paar interessante Spots herausgesucht, wo Landzungen weit ins Meer hinaus ragten, oder Sandstrände fernab von Dörfern hoffentlich etwas weniger stark befischt waren. Wir liehen uns einen 4×4 Mietwagen und machten uns auf den Weg, immer schön dem GPS nach… auf Pisten, von denen ich nicht geglaubt hätte, dass man sie mit irgendeinem Auto dieser Welt fahren kann. Die Steigungen waren teilweise so krass, dass man den Weg nicht mehr sah und die Motorhaube komplett die Sicht verdeckte. Aber man gewöhnt sich an alles… am Ende des Trips waren wir beinahe Offroad-Profis. In Gedanken waren wir bei der Rallye Dakar, die zeitgleich stattfand 😉

Auf den Entdeckungsfahrten kamen wir dann auch an DIE BUCHT… ein langer Sandstrand, eingerahmt von schwarzen Felsen, ein Anblick wie im Bilderbuch. Hier sollte es doch mit dem Permit klappen! Ich montierte ein Krabbenmuster und ging das Ufer entlang, den Blick immer auf das Wasser gerichtet… und plötzlich kam da ein Schatten auf mich zu, sofort war mir klar dass das ein Permit war! Der erste Permit, den ich in meinem Leben sah, der erste Wurf des Tages… in meinem Kopf hörte ich die Guides auf den vielen Youtube-Videos rufen „Don‘t strip, don‘t strip…!“, „Set!“, und er hing! DER PERMIT HING! Beim ersten Wurf, war das möglich!?

Der Permit raste los, wow war das eine Kraft, dann ein Aufblitzen des großen silbernen Fisches, und wieder eine Flucht. Endlich hatte ich ihn auf der Rolle und regelte die Bremse nach. Selbst die Meterhechte, die ich bisher gefangen habe, sind nichts im Vergleich mit der Kraft und Dynamik eines Permits, es war ein einziger Rausch! Keine Ahnung wie lange ich drillte, wahrscheinlich keine 3 Minuten, die mir aber wie eine Ewigkeit vorkamen. Die Landung glückte, und auch wenn niemand da war um den Moment auf einem guten Foto festzuhalten, mein Urlaub war in diesem Moment zum Erfolg geworden! Ein wunderschönder indopazifischer Permit, mein erster… ich musste erstmal Pause machen, mich setzen, und aufs Meer schauen… und schon wieder war ein Permit zu sehen, der am Ufer entlangschwamm. Ich sprang auf, ab er er war schon wieder im Tiefen verschwunden… es war auch erstmal gut, ich war glücklich, und genoss das Nachwirken dieses wunderbaren Moments… und machte mich daran meinen Bruder zu suchen, der einige Kilometer entfernt mit Wobblern von den Felsen angelte.

Und auch er hatte Glück gehabt! Mehrere starke Bluefish bis gut über 2 Kilogramm hatte er gefangen und viele kleine Trevallies. Bei der Heimfahrt strahlten wir beide übers ganze Gesicht.

Leider waren wir in dieser Bucht in den folgenden Tagen nicht mehr so erfolgreich, auch wenn wir weiter Fische fingen. Der Swell nahm an Stärke deutlich zu und kam aus einer Richtung, der die Bucht voll traf. Das „Set“ war fast mannshoch! Sobald ich also einen Permit gespottet hatte, hatte ich Schwierigkeiten ihn im Blick zu behalten bis das „Set“ der Wellen durch war und sich die Möglichkeit bot den Fisch anzuwerfen. Im aufgewühlten Wasser kam es dabei immer wieder zu Überraschungen: Ich sah einen Schatten und dachte, dass es der Permit war, den ich kurz vorher gesehen hatte. Warf ihn an, sah den Schatten zum Köder ziehen, innehalten…. Ich setzte den Anschlag, der Fisch hing, aber irgendwas war anders! Es fühlte sich an, als ob ich einen schweren Sack am Haken hatte, keine Spur von einer dynamischen Flucht! Als der Fisch zum Vorschein kam, hing ein großer Kugelfisch am Haken!!!! Was man nicht alles mit der Fliegenrute fangen kann…

Wenn Wind und Swell zu heftig wurden, traten wir den Rückzug an und suchten Fische in Hotelnähe oder im Bereich von Hafenmolen, was meistens sehr kurzweilig war. Auch wenn wir hier nur mittelmäßig erfolgreich waren, erlebten wir doch wunderschöne Momente, wie z.B. große Gruppen von Delphinen, die kleine Fische jagten oder mit dem ganzen Körper aus dem Wasser sprangen – ich dachte immer, das gäbe es nur bei Seaworld. Am Abend packte ich dann gelegentlich auch mal die Spinnrute aus, denn „blind casting“ am Meer kann ermüdend sein, insbesondere mit der 12er-Combo…

An den darauffolgenden Tagen fingen wir noch kleine Barrakudas und sehr viele kleine Blacktip Trevallies, weitere Hornhechte, einen Wolfshering usw., es war immer sehr kurzweilig. Wirklich große Fische fingen wir leider keine mehr.

Mr Big Bad Barracuda.
Viele wunderschöne Delphine konnten wir beobachten.
Bigeye Trevally. Seine Mutti suchten wir vergebens.
Ein guter Hornhecht an der Spinnrute.
Auch die kleinen Dingen erfreuten unser Herz.
Die 12er Sage immer griffbereit, kam sie leider nicht viel zum Einsatz.
Ein schöner Spot nach dem anderen!
Selfie mit Barrakuda 😉
Delfin voller Lebensfreude?
Erst wenn die Sonne untergegangen war, gaben wir das Fischen auf und gönnten uns etwas Erholung im Hotel.
Die Blacktips kämpfen deutlich härter als man ihnen ansieht! Ich kann mir kaum die Kraft eines Meterfischs vorstellen!

FAZIT

Als Einstieg in die Salzwasser-Angelei war der Trip für uns ideal, wir hatten viel Spaß und das Ganze mit einem sehr überschaubaren Budget. Ich habe meinen Permit gefangen und bin darüber sehr glücklich, denn er war komplett selbst verdient… vom Binden der Fliege bis zur Landung! Mein Bruder hatte mit seinem größten Barrakuda auch viel Freude, obwohl es noch kein Riese war, nahm er ordentlich Schnur! Auch all die anderen Salzwasserräuber boten viel Drillspaß… Wir sind nun beide definitiv süchtig, und obwohl in Kürze die Forellensaison beginnt, überlegen wir schon, wo es das nächste mal hingehen soll… die Welt hat so viel zu bieten!

An vielen Küsten geschützt, wird die Abalone hier rücksichtslos gesammelt, überall liegen Haufen dieser Muscheln.

Ein wenig schockiert waren wir davon, wie man im Oman mit dem Meer umgeht… In den letzten 10 Jahren ging es mit den Fischbeständen stark bergab, auch Muscheln werden massenweise geernet, und der Müll am Ufer wird immer mehr. Die Küste ist stark überfischt, und täglich werden es durch die vielen Netze weniger Fische, es gibt keinerlei Fangkontrolle und es steht zu befürchten, dass das nicht mehr lange gut geht! Denjenigen, die sich im Oman für eine nachhaltige Fischerei einsetzen, und die vor Ort versuchen Guiding-Services aufzubauen und den internationalen Gästen dieses wunderbare Land nahezubringen, wünschen wir viel Kraft und hoffentlich viel Erfolg! Der Süden Arabiens wurde von den Römern als „Arabia Felix“ bezeichnet, das „glückliche (=fruchtbare, reiche) Arabien“. Wir können nur hoffen, dass den Omanis bewusst wird, welchen Schatz sie mit ihrem Land haben!