Ob ich ein geländegängiges Auto habe? Nein… „Okay dann fahren wir mit meinem“, meint Patrick am Telefon. Einige Stunden später kriechen in seinem Auto einen schmalen Pfad an einem Steilhang der Wutachschlucht entlang, und ich bin froh dass ich nicht fahren muss.

Wir sind auf dem Weg zu Los 1, dem obersten Abschnitt der Wutach. Im Oberlauf trägt die Wutach den Namen „Gutach“, doch ab der Stelle wo die Haslach mündet scheint sie nicht immer der gemütlich dahinplätschernde Bach zu sein, den ich an diesem Tag kennen lerne. Hier hat sich der Bach tief in die Gesteine des Schwarzwalds gegraben und man kann sich sehr gut ausmalen, wie schnell bei Starkregen das Wasser bergab schießt und die Wutach zu wüten beginnt, sodass nachher kein Stein mehr auf dem anderen liegt.

Die Wutach strebt durch mehrere Schluchten dem Oberrheingraben zu, und das Gefälle konzentriert die Kraft des Wassers in einer engen Linie… bei Gewitter wollte ich nicht hier unten sein, denn ein Ein- oder Ausstieg ist nur an wenigen Stellen möglich.

Die wütenden Wasser die hier namensgebend waren, möchte ich nicht unbedingt kennen lernen.

Das Wasser der Wutach strömt an diesem Tag ruhig über ein breites Schotterbett aus Granit. Das Wasser ist vom sauren Waldboden dunkel wie Schwarztee – wie auch bei vielen anderen Bächen des Schwarzwalds. An den steilen, grünen Hängen stehen uralte Tannen, die mit Flechten dekoriert sind… es sind kaum Anzeichen für den Eingriff des Menschen sichtbar, die Bäume bleiben liegen wo Sturm und Biber sie gefällt haben, die Wutachschlucht ist hier oben ein wildes Kleinod inmitten unserer dichtbesiedelten Landschaft! Kein Wunder, dass sich auch der Luchs hier wohlfühlt.

Patrick startet direkt mit der Trockenfliege, aber weil ich keine Aktivität an der Oberfläche sehe, setze ich zunächst auf Nymphe. Die Fischerei hier fühlt sich ungewohnt an: Ein relativ kleiner Bach, in dem man dennoch eigentlich nur watend vorankommt… im Bachbett pirscht man sich an tiefe, dunkle Gumpen heran und hat es dort mit relativ vorfachscheuen Forellen zu tun. Forellen, die man normalerweise nicht sieht, die aber dennoch gut auf Trockenfliege reagieren. Und dass man recht träge Fische im tiefen Wasser dennoch gut zum Steigen kriegt, habe ich auch noch selten erlebt. Auch mit der Nymphe fange ich den einen oder anderen kleinen Fisch, aber Patrick ist mit der Trockenfliege erfolgreicher, das muss ich zugeben.

Die Forellen sind hier zumeist wunderschön gezeichnet, besitzen eine dunkle, bronzene Grundfarbe mit dicken schwarzen und roten Tupfen. Und sie kämpfen erstaunlich kräftig!

Als wir im Verlauf des Abends zunehmend Eintagsfliegen schlüpfen sehen, darunter zahlreiche große Maifliegen, stelle auch ich auf Trockenfliege um und merke schnell, dass ich das schon früher hätte tun sollen… und je später es am Abend wird, desto wilder wird es. Im letzten Licht des Tages bringt fast jeder Wurf einen Biss – von dem nur ein Bruchteil hängt, aber es ist an Spannung kaum zu überbieten! Wir fangen an diesem Tag viele wunderschöne Fische, und auch wenn wirklich große Fische an diesem Tag nicht zu locken sind, ist es ein wunderbarer Tag, an den ich mich noch gerne erinnern werde – und an dem ich viel gelernt habe!