Und es kam, wie es schöner nicht hätte sein können…

Nach den drei Tagen mit unterschiedlichen Techniken, an unterschiedlichen Gewässern und mit unterschiedlichem Erfolg, war mir klar geworden, dass für mich einfach nichts daran vorbei führte, „all in“ zu gehen. Das Minimalziel war mit einigen mittleren Marmoratas bereits erfüllt… Was noch fehlte, war eine große Marmorata! Mit der Nymphe war ein Erfolg an diesem Gewässerabschnitt für mich nicht realistisch. Ich musste es also doch nochmal mit großen Streamern versuchen, auch auf die Gefahr hin, dass ich den letzten Tag komplett abschneiderte oder doch wieder nur Regenbögler fing. Was konnte ich noch tun, um meine Chancen ein kleinwenig zu verbessern? Um wenigstens die Biss-Ausbeute zu erhöhen?

Mir kam die SMS von meinem Bruder in den Sinn: „Dir wird schon was einfallen“… hatte er an Tag 2 geschrieben. Ich nahm mir einen der großen Streamer vor, knippste mit der Zangen den Hakenbogen ab und montierte irgendwie mit dickem Mono einen stabilen Haken als Trailer, in der Hoffnung die Anfasser von Tag 2 in echte Bisse verwandeln zu können. Und so zog ich los…

Ein Wettersturz brachte am frühen Nachmittag etwas Regen (leider keine Trübung) und teilweise Windböen, die wechselhaften Bedingungen waren an diesem Tag nicht ganz einfach. Und es waren deutlich weniger Fische zu sehen als die Tage zuvor. Eine schöne Äsche ließ mich doch nochmal kurz Zweifeln ob ich die Nymphenrute hätte mitnehmen sollen, aber die Entscheidung war gefallen.

Bis kurz nach 19 Uhr hatte ich noch keinen einzigen Biss gehabt, es blieb bis Sonnenuntergang noch eine knappe Stunde. Eine mittelgroße Regenbogenforelle rüttelte mich plötzlich wach, der erste Fisch des Tages – aber ich verlor sie im Drill, weil die Konzentration nicht mehr ganz da gewesen war. „Was, wenn mir das mit einer großen Marmorata passiert?“ Ich wagte es mir kaum vorzustellen… Auch eine etwas größere Regenböglerin schaffte es kurze Zeit später nicht bis in den Kescher… „Ich muss mit der schweren Rute vorsichtiger Drillen“, ging es mir durch den Kopf… aber die Minuten schwanden und damit die Chance, noch Erfolg zu haben. Den letzten Tag komplett ohne Fisch zu beenden, kam mir in diesem Moment dann doch wie eine herbe Niederlage vor.

Wenige Minuten vor Sonnenuntergang, die Sonne erleuchtete gerade noch die Bergspitzen, warf ich dann einen letzten Spot an, um danach dann zusammenzupacken… beim zweiten Wurf an diese Stelle ging ein heftiger Ruck durch die Rute! Schon im ersten Bruchteil einer Sekunde war klar, dass dieser Fisch deutlich stärker war als alles was ich in den letzten Tagen kennengelernt hatte! Eine große Marmorata, kein Zweifel! Wo war die plötzlich hergekommen?

Mein übliches Mantra „Stell dir vor es ist eine Kleine“… wurde etwas gestört von der Erfahrung mit den zwei verlorenen Regenböglern wenige Minuten zuvor. Den Fisch gleichzeitig von verhängnisvollen Unterständen fernhalten ohne ihn zu hart zu drillen, ihm stromab zu folgen und nicht zu stolpern, war ein absoluter Krimi!

Und wie beim Film, wo ich offen gestanden immer ein Happy End brauche, so klappte es auch hier. Nach dem vielleicht schwierigsten Drill meines Lebens lag der für mich bislang bedeutendste Fisch meines Lebens vor mir im Kescher. Nach fast vier Tagen des Ausprobierens und Lernens, wenige Minuten vor Schluss, war es mir gelungen! Was für ein Fisch!

Und als i-Tüpfelchen kamen meine Frau und Kinder, die mich hatten abholen wollen, gerade an und konnten diesen schönen Moment mit mir geniessen… Was für ein Abschluss!